Auf der Flucht

Sie nagt am Hungertuche
und fürchtet jede Hatz.
Nun ist sie auf der Suche
nach einem warmen Platz.

Gesucht hat sie seit Stunden.
dann fiel‘s ihr plötzlich ein:
ich spring in den Papierkorb,
da werd‘ ich sicher sein.

Sehr hungrig war die arme Maus.
Darum sprang sie auch wieder raus
und fand in ihrer größten Not
noch einen Rest vom Pausenbrot..

Der gute Doktor Wedekind
denkt nach, wo die Notizen sind.
Er wird nervös und ist ganz wild.
Verschwunden ist das Krankheitsbild

von Richard Krause‘s Magen.
Der klagte schon seit Tagen.
Noch lange sitzt der Doktor hier
und wühlt nervös in dem Papier.

Und plötzlich raschelt‘s dort im Eck,
wo der Papierkorb als Versteck
dem armen Mäuschen Deckung bot.
Und plötzlich ist‘s in großer Not.

Denn der Doktor lauscht gespannt.
Da ist sie einfach weggerannt.
Doch hinter ihr macht‘s plötzlich Bumm
und der Papierkorb kippte um.

„Ich kenne mich in diesem Haus
ja wirklich nicht besonders aus.“
Der Wedekind öffnet ein Fenster
„Ja, gibt es denn bei uns Gespenster?

Ich hör‘ es rascheln, hör‘ es knistern.
Ich werd nur noch ganz leise flüstern.
Ich öffne weit jetzt alle Fenster.
Und fort mit euch, sag ich: Gespenster!“

Er hat sich an die Stirn gefaßt.
Die Maus verschwand in großer Hast.

Über hildegardlewi

... ist 1934 in Berlin geboren und sozusagen „Geprüfte Berlinerin“. Vorkriegsjahre, Kriegsjahre, Blockade, Nachkriegsjahre, die Zeit der Mauer und die Zeit nach ihrem Fall. Lange Berufsjahre, drei Kinder, drei Enkelkinder, die Begegnungen mit vielen unterschiedlichen Menschen und schließlich die Wiedervereinigung, das sind viele ernste – und weniger ernste Geschichten. Manche Leute führen ein Tagebuch. Ihr Tagebuch sind Gedichte. Die ihr spontan aus dem Kopf über die Lippen purzeln und die sie dann schnell einfängt und aufschreibt. Nachdenkliche, sicher, die meisten aber sind zum Lachen. Wie sonst könnte man dies schrecklich schöne Leben aushalten? Viel Vergnügen
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