Garderobensorgen

In jedem Herbst ist es so weit:
der Baum verliert sein Blätterkleid.
Erst nur ein paar, dann immer mehr,
auf einmal sind die Äste leer
und an den Zweigen hängt kein Blatt,
das sich im Wind geschaukelt hat.

Dann steht der Baum nun nackt und stumm
verzweifelt in der Gegend rum.
Und auch bei Kälte, Schnee und Frost
spendet ihm selten nur mal Trost
die Sonne. Schon erwachen Frühlingsträume
und nähren Hoffnung bei de Bäume.

Denn einmal ändert sich das Wetter.
Da denkt der Baum s‘ wäre netter
wenn‘s noch mal könnt‘ wie damals sein.
(Was bess‘res fiel ihm auch nicht ein.)
Die Hoffnung nährt er frohen Mutes,
denn nach dem Miesen kommt was Gutes.

Und ist der Winter erst vergangen,
wer‘n neue Blätter angehangen.
Erst winzig klein in zartem Grün.
Der Baum schmilzt voller Glück dahin:
er ruft dem Nachbar zu:“He Mann,
bei mir sind neue Blätter dran.!“

So war‘s. Denn erst, wenn um die Zeit
bekommt der Baum ein neues Kleid!

Über hildegardlewi

... ist 1934 in Berlin geboren und sozusagen „Geprüfte Berlinerin“. Vorkriegsjahre, Kriegsjahre, Blockade, Nachkriegsjahre, die Zeit der Mauer und die Zeit nach ihrem Fall. Lange Berufsjahre, drei Kinder, drei Enkelkinder, die Begegnungen mit vielen unterschiedlichen Menschen und schließlich die Wiedervereinigung, das sind viele ernste – und weniger ernste Geschichten. Manche Leute führen ein Tagebuch. Ihr Tagebuch sind Gedichte. Die ihr spontan aus dem Kopf über die Lippen purzeln und die sie dann schnell einfängt und aufschreibt. Nachdenkliche, sicher, die meisten aber sind zum Lachen. Wie sonst könnte man dies schrecklich schöne Leben aushalten? Viel Vergnügen
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